"Hüllen", Ausstellung in der Stadtbücherei Neu-Ulm, Kunstverein Neu-Ulm, 2005 - Ausschnitte aus der Rede von Pit Degendorfer, Künstler, Vorsitzender KV Neu-Ulm
Plastiken stehen wie Zeichen im Raum, ... strategisch bestimmend, auf dünnem Fußpunkt, scheinbar in gefährdeter Balance. Den lebensgroßen Figuren .....begegnen wir auf Augenhöhe. .... Ihre Form ist zeichenhaft vereinfacht... Die Haltung ist starr, unbeweglich, es gibt keine Gestik, die Verbindung zur Umgebung aufnehmen könnte, sie bleiben an dem ihnen zugewiesenen Platz... reduziert auf einen Punkt, an dem sich die Kräfte bündeln.
Die lebensgroßen Keramikfiguren sind aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt- ....die sich ergebenden Verbindungslinien werden mit Metallstreifen verdeckt ...... die den reduzierten Figuren menschliche Proportionen zurückgeben. Andererseits wirken diese Metallbänder auch beengend, sie könnten eine plötzliche Bewegung der Figur verhindern, so sie ihren Zustand verändern wollte, sie würden ein Wachstum verhindern.
Diese Figuren haben eine starke Präsenz. Wie entsteht diese Wirkung? Sie sind weder überlebensgroß, noch ausladend, der Umriss schlicht. ....... Das Überzeugende ist wohl die Vereinfachung und das Zeichenhafte. Die grobe Reduzierung auf ein auf der Spitze stehenden Dreiecks gebietet Aufmerksamkeit, die Beziehung auf den Fußpunkt bündelt Kräfte und Richtungen. Sie ist eigentlich keine sichere Verbindung zur Erde und bietet lediglich eine labile Balance, die nur unter Mühe gehalten werden kann. Vielleicht ist es die Gegensätzlichkeit von fest und labil, von starr und möglicher Bewegung ....
Die Kunst von U. v. Q. ist von einer großen Vielfalt geprägt. Die Plastik bildet in ihrer Arbeit sicherlich den Schwerpunkt. Hier gibt es Strenge und Konzentration und Beharrlichkeit. Ziemlich gegensätzlich, wenn auch nicht fremd und unerwartet wirken dagegen die Zeichnungen und Bilder, die ihrerseits für Spontaneität, Bewegung und Erfinderfreude sprechen. Diese Polarität ist bei näherer Betrachtung durchgehend und ich denke auch die Grundlage des künstlerischen Denkens von U. V. Q., dass nämlich Einsichten und Überlegungen zu Fragen der Existenz in der Kunst zu Zeichen oder Bildern werden können.
"Eigenleben", Ausstellung im KB Heilbronn, Kunstetage K55, 2010, Ausschnitte aus der Rede von Thomas Heitele, M.A.
...... eine Künstlerin, die gerne experimentiert, ständig nach neuen Wegen sucht, Anregungen aufgreift und neue Möglichkeiten austestet, immer danach trachtend, für ihre Intentionen eine möglichst optimale Ausdrucksform zu finden. Ulrike von Quast scheut sich dabei nicht, unterschiedliche Materialien zusammen zu fügen, die sich manchmal spannungsgeladen widersprechen. So zwängt sie eine sensible Figur aus Wachs in ein Korsett aus Metallbändern, das ein Ausbrechen, eine gedachte Veränderung oder Entwicklung unmöglich zu machen scheint.
...... Im Zentrum des künstlerischen Schaffens steht bei Ulrike von Quast der Mensch, wobei nicht die Äußerlichkeiten bearbeitet werden, auch das Thema „Männlich-Weiblich“ spielt dabei eine völlig marginale Rolle. Ulrike von Quast sucht nach den inneren Vorgängen, nach den Befindlichkeiten, den Wesensmerkmalen menschlichen Seins und stellt sich immer die Frage nach dem eigenen Bezug, dem eigenen Sein. ...
.... Ich bin von Haus aus Volkskundler und deshalb sei mir folgender Hinweis erlaubt: Mir fielen bei der Betrachtung dieser reduzierten Figuren sofort historische volkskünstlerische Darstellungen der menschlichen Seele beispielsweise beim Verlassen des Körpers im Moment des Todes ein. Diese zeigen eine längliche Form, ohne Gliedmaßen und ohne Kopf. Insofern erschlossen sich mir diese Stelen als das Wesentlichste menschlichen Lebens und sind damit zum Ausdruck des menschlichen „Eigenlebens“ überhaupt abstrahiert. Es gibt dabei nur wenige vage Hinweise auf Stimmungslagen oder Gefühlslagen, es gibt Durchbrechungen, es gibt feine Strukturen auf den Oberflächen, Vertiefungen, die der grundsätzlichen Form folgen....
So sehr die Figuren, Stelen oder sitzende Figuren in dieser bewegungslosen Ruhe verharren, so sehr drängt es Ulrike von Quast in graphischen Arbeiten danach, raumgreifende Bewegung zuzulassen.
... die Mauerbilder ... sind großflächige Zeichnungen grober historischer Mauern. Mauern begrenzen nach außen, aber auch nach innen, umfassen und schützen das „Eigene“ und werden hier zusätzlich zum Bildträger flüchtiger, sich verändernder Schattenrisse konkreter alltäglicher Gegenstände. Die Mauerbilder werden damit zum Träger einer jahrhundertealten Geschichte und zugleich eines konkreten jetzt-zeitigen Moments. Die in einer über einen langen Zeitraum hinweg aneinandergereihte Ereignisfolge bestimmt den historischen Gehalt und das Eigenleben der Mauer als ein vom Menschen gemachtes Zeugnis der Zivilisation: Den Mauerputz, der ursprünglich aufgetragen wurde und nur noch in Resten erhalten ist, eine erkennbare Reparaturstelle, die Einritzung eines Liebenden, die Schrammen eines Unfalls, Reste eines aufgeklebten Plakates und so weiter...
In den graphischen Arbeiten gibt Ulrike von Quast die klar umrissene Begrenzung der bildhauerischen Arbeit auf, jedoch ohne ihren Standpunkt zu verlieren. So sehr die dynamische Bewegung der gestaltenden Hand die Formen zu sprengen sucht, so konzentriert sind die Kompositionen wieder auf eine geschlossene Form, wie beispielsweise in der Serie „Fluchtpunkte“ oder „Kokon“...
"Innenleben", Ausstellung in der Produzentengalerie, Passau, 2007, Ausschnitte aus der Einführung von Waltraud Danzig, Künstlerin
....... Der sichtbare Körper ist für U.v.Quast Spiegel und Ausdruck innerer Vorgänge und Befindlichkeiten, Vorstellungs- und Projektionsfläche für „Innenansichten“. Er kann dabei Umschließendes im Sinne von Schutz, aber auch Beschränkung bedeuten. Je stärker die Abgrenzung ist, desto intensiver kann das Interesse am Inneren sein.
Anlass für die Arbeiten ............ kann dabei ein Gedicht sein, das die persönlichen Befindlichkeiten trifft wie bei der Bildserie „Fluchtpunkte“. Das Gedicht knüpft den Zusammenhang zwischen den gegenwärtigen Lebensumständen zu den in der Seele eingebrannten Botschaften aus der Vergangenheit, das als „Gekläff“ , wie es im Gedicht heißt, manchem noch immer nachhallt. Da das Gedicht nicht illustriert werden sollte, ist der Inhalt hier natürlich nicht mehr unbedingt nachvollziehbar, die Inhalte haben sich zeichenhaft verselbständigt. Einzig die Tore, die man laut Gedicht durchschreitet, mögen noch zu erkennen sein, wenn man von ihnen weiß.
Ein weiteres Gedicht wurde zu Bildern von U.v.Quast von einer Schriftstellerin, von Susanne Lange-Greve, geschrieben. Dies war Anlass oder besser Motor, an der Serie gleich weiter zu arbeiten.
zu der Bildserie "Raum durchmessen":
Auch bei den Plastiken gibt sie Einblick in ihre Sichtweisen. „Zwischen die Fronten geraten“ mit dem Untertitel „Kollateralschaden“ zeugt von der Fassungslosigkeit über die verachtende Sicht des Menschen, wenn man ihn als Nebenprodukt einer kriegerischen Auseinandersetzung mit einem dementsprechenden Begriff „entmenschlichen“ kann. Tatsächlich bleiben der liegenden Skulptur nur noch wenig menschliche Züge.......
U.v.Q. gibt nicht immer durch die Titel vor, was der tatsächliche Anlass für diese Innenansichten war. Sie will es durchaus auch zulassen, dass für den Betrachter wieder ganz eigene Bezüge, ganz eigene Deutungen entstehen können.